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Humorvolles und Verborgenes Humorvolle oder rätselhafte Gedichte zum Schmunzeln oder Grübeln. |
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25.10.2016, 13:15 | #1 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Baum-Sex
„Nun haltet eure Äste fest
und sichert eure Wurzeln. Ich blase jetzt aus Nord-Nord-West, bis eure Blätter purzeln.“ So rief‘s der Wind den Bäumen zu in Wäldern und an Straßen. „Erst wenn ihr nackt seid, geb ich Ruh, mit mir ist nicht zu spaßen.“ Er heult und pfeift: „Jetzt wird gekämmt“ um Buche und um Weide, fährt husch den Bäumen unters Hemd und zerrt am Blätterkleide. So wie der Wind es angedroht, fällt Blatt auf Blatt herunter, die Buche stöhnt und wird ganz rot, „Ich hab doch gar nichts drunter!“ „Das ist doch prima“, rauscht die Linde und lässt die Äste wippen. „ich zeig euch gerne meine Rinde, ich wollt schon immer strippen. „Welch ein Skandal“, raschelt die Esche, sie ist ein wenig eigen, „wie kann man nur, ganz ohne Wäsche, sich so vor allen zeigen.“ Die Pappel neigt sich ganz devot, hinüber zu den Tannen. „Denkt bloß nicht gleich, ich wär verroht, ich liebe es, zu spannen.“ „Die Linde ist doch viel zu alt, bemerkt die flotte Eibe, ihr dürres Astwerk lässt mich kalt, die hat ja nichts am Leibe.“ Die edle Zeder lacht und höhnt, „Das stört mich nicht die Bohne, von euch ist man das ja gewöhnt, ich steh nie oben ohne.“ „Warum denn nicht, wir fändens schön, ertönt es von den Föhren, dein nackter Stamm, von nah besehn, der könnt uns schon betören.“ „Kaum bläst der Wind, spielt ihr verrückt, es ist doch stets das Gleiche. Vor dem hab ich mich nie gebückt“, murrt süffisant die Eiche.“ „Ich gäbe mich ihm gerne hin“, seufzt selbstverliebt die Birne. „Weil ich nach Blasen süchtig bin, doch bin ich keine Dirne.“ Dem Wind geht das am Arsch vorbei, er zupft und rupft und rüttelt, hat auch dem Nussbaum, welch Geschrei, die Nüsse abgeschüttelt. Befriedigt schwindet ihm die Kraft: „Das war mal wieder wunderbar, euch Bäume hab ich nun geschafft. Jetzt freu ich mich aufs nächste Jahr. |
25.10.2016, 13:29 | #2 |
Dabei seit: 10/2016
Ort: in einem sagenhaften Haus
Alter: 42
Beiträge: 5.271
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Das hat der "Wassermann" Nöck , beim Luken durch die Wasserhaut aber gut beobachtet.
Einfach herrlich, den Blätterfall als Striptease zu beschreiben. Es hat mich ungeheuer erheitert, kommt deshalb zu den Favoriten. Mit Verneigung im Gruß, die Unar. |
25.10.2016, 15:55 | #3 |
R.I.P.
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Lieber Nöck -
Ha, das ist mal ein Entblättern, das mir gefällt.
Das zweideutige Nußbaumgeschehen ist einfach süß und der Wettbewerb unter den Bäumen einfach umwerfend. Ein Gedicht zum Herzerwärmen in so mancher Kälte. Lieben Gruß von Thing |
25.10.2016, 16:10 | #4 |
Hallo, lieber Nöck,
Thrud hatte schon vorsichtig in diese Richtung gedichtet. Hier sind nun fast alle Tabus gefallen. Sehr gern gelesen. LG g |
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25.10.2016, 17:27 | #5 |
Forumsleitung
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Dein Wind ist ein unersättlicher Wüstling, dem nicht so schnell die Puste auszugehen scheint! Hübsche Idee, gerne gelesen.
LG Ilka |
25.10.2016, 20:42 | #6 |
abgemeldet
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Witzige Idee.
Schön umgesetzt. Mir haben nur noch ein paar prüde Nadelbäume gefehlt. Hat Spaß bereitet. lg Richard |
25.10.2016, 22:14 | #7 |
abgemeldet
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Lieber Nöck,
Dein Gedicht finde ich sehr temperamentvoll. Bäume sind halt auch nur Menschen, gell? Gern gelesen. Liebe Grüße Dabschi |
25.10.2016, 22:54 | #8 |
Coole Idee!!! Hab viel gelacht.
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26.10.2016, 00:22 | #9 |
abgemeldet
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sehr schön NÖCKelinchen nur zuuuuu lange für einen alten müder...hhhhhh
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27.10.2016, 10:38 | #10 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Hallo, liebe Pöter,
ja, ich habe kein Blatt vor den Mund genommen. Von wegen prüde Nadelbäume, ihr hättet mal sehen sollen, wie ihnen das klebrige Harz den Stamm runterlief. Und lang ist doch viel besser als kurz oder? ... hhhhhhh Ich danke euch und blase kräftig ins Horn! Nöck |
27.10.2016, 14:19 | #11 |
Einfach große Klasse! Sowas zu lesen macht Spaß.
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28.10.2016, 09:42 | #12 |
Lieber Nöck,
ich finde es sehr amüsant, wie du einen Haufen Bäume durchdeklinierst mit klarem, erotischem Bezug. Dabei verlässt du zu keiner Zeit den botanischen Bereich. Zwar können deine Bäume sprechen, was deinem Gedicht etwas fabelhaftes gibt, aber die erotische Ebene könnte hinfort gedacht werden, ohne dass die Sprache damit in sich zusammen fiele. Diese durchgehende Benutzung des Mehrdeutigen ohne plumpes Abgleiten in die Eindeutigkeit ist es, was ich besonders gelungen finde. Strophe drei fällt unter formalen Gesichtspunkten auf, z.B. weil alle Versenden unbetont auslaufen. Die Versköpfe sind analog der übrigen Strophen ausgeführt, so dass in jedem zweiten Versbeginn zwei Senkungen aufeinandertreffen. S3V5 wechseln dabei in einen 3er-Rhythmus mit Zäsur/Hebungsprall in der Mitte: XxxX|XxxXx Ich finde, es passt zur geschilderten Entrüstung im Text, war aber vermutlich nicht gewollt. Mich erinnert dein Gedicht ein Bisschen an Willy Astor, den ich sehr schätze und der in seinen (Prosa-)Texten möglichst viele Alkoholika, Literaten, Filmtitel oder geographische Namen unterbringt. Freundliche Grüße von Stachel |
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04.11.2016, 07:57 | #13 |
Dabei seit: 12/2009
Ort: In den Auen des Niederrheins
Beiträge: 2.662
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Freut mich, dass es euch gefällt. Euer Applaus, meine Motivation. Strophe drei ist anders wegen Linde und Esche, S3V5 ist nicht wirklich gewollt. Die Alkoholika bzw. die Sauferei habe ich ja bereits zum Thema genommen, Goethe, Schiller usw. mögen mir verzeihen.
Liebe Grüße Nöck |
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