das foto

[Lee Berta]

ich habe dein auge fotografiert
um deine seele zu stehlen
in den erweiterten pupillen
spiegelt sich das krankenzimmer
und das fenster mit dem mann

endlich allein, kein pflegedienst mehr
kein arzt, keine schwester
alle maschinen schwiegen minuten
ich nahm meinen mundschutz ab
und küsste dich endlich

von links fällt licht auf tote augen
und vor dem fenster steht ein mann
doch ich stand rechts am bett,
als ich das bild machte
wer ist der mann am fenster?

[curd belesos]

...warum "stehlen"?

Der Gedanke irritiert mich und ich kann mir "keinen Reim darauf machen".

Einen fragenden Gruß
von
Curd

[dr.Frankenstein]

Das war die geklaute Seele

[Lee Berta]

Hallo Curd und dr.Frankenstein

Zitat von curd belesos

...warum "stehlen"? Der Gedanke irritiert mich und ich kann mir "keinen Reim darauf machen".

Na, wenn man die Augen von einem Toten fotografiert, denkt die Seele, dass es ab ins Licht geht und springt in den Fotoapparat und schon hat man sie gebannt.

Zitat von dr.Frankenstein

Das war die geklaute Seele

Ich glaube auch.

LG

[curd belesos]

Zitat von Lee Berta

Ich glaube auch.

Ich weiß, dass ich nicht glaube

[Lee Berta]

Zitat von curd belesos

Ich weiß, dass ich nicht glaube

Ich glaube, dass ich nichts weiß
Aber ich habe ein Beweisfoto!
LG

[curd belesos]

Zitat von Lee Berta

Ich glaube, dass ich nichts weiß

Würde ich jetzt schreiben: "Ich weiß, dass ich nichts weiß", wäre das gelogen. Obwohl, ich weiß, wann ich lüge.
LG

[Lee Berta]

Ach, manchmal weiß ich nicht mal das. Aber wenn man sagt: "Ich weiß, dass ich nichts weiß", dann ist das ja immer eine Lüge. Dann weiß man es auch oder sollte.
LG, lee

[DieSilbermöwe]

. alle maschinen schwiegen minuten
ich nahm meinen mundschutz ab
und küsste dich endlich

von links fällt licht auf tote augen

Hallo Lee,

mein früherer, vor einigen Jahren verstorbener Lebensgefährte lag nach einem Herzstillstand einige Wochen im künstlichen Koma nach Reanimation (davon erholte er sich aber noch mal.) Ich besuchte ihn oft, er war an eine Maschine angeschlossen.
Die Augen sind dann geschlossen, weil der Patient „schläft".

Ich denke nicht, dass sie noch einmal offen sind, wenn der Patient verstirbt und die Maschinen abgestellt werden.

LG DieSilbermöwe

[Lee Berta]

Hallo Silbermöwe,

Zitat von DieSilbermöwe

mein früherer, vor einigen Jahren verstorbener Lebensgefährte lag nach einem Herzstillstand einige Wochen im künstlichen Koma nach Reanimation (davon erholte er sich aber noch mal.) Ich besuchte ihn oft, er war an eine Maschine angeschlossen.
Die Augen sind dann geschlossen, weil der Patient „schläft".

Ich denke nicht, dass sie noch einmal offen sind, wenn der Patient verstirbt und die Maschinen abgestellt werden.

Wenn man aus dem künstlichen Koma erwacht, sind sie schon auch manchmal offen, obwohl der Patient noch nicht ganz da ist. Nicht in jedem Fall liegt der Patient überhaupt im künstlichen Koma, bevor er verstirbt. In diesem Fall waren die Augen offen, weil ich sie aufgehalten habe, um Fotos zu machen.
LG, lee

[DieSilbermöwe]

In diesem Fall waren die Augen offen, weil ich sie aufgehalten habe, um Fotos zu machen. .

Wie hast du denn das geschafft?.Mit einer Hand die Augen aufgehalten, mit der anderen Hand die Kamera? Auch da hättest du drei Hände gebraucht.

. Nicht in jedem Fall liegt der Patient überhaupt im künstlichen Koma, bevor er verstirbt.

Aber in deinem Gedicht. Wozu sonst die Anspielungen auf Maschinen?

[Lee Berta]

Zitat von DieSilbermöwe

Mit einer Hand die Augen aufgehalten, mit der anderen Hand die Kamera?

Genau so. Man muss nur das obere Lid etwas hoch ziehen, da reicht eine Hand. Außerdem habe ich beide Augen extra fotografiert, das war also leicht. Mit der anderen betätigt man den Auslöser, mit einer Handykamera kein Problem.
LG

[DieSilbermöwe]

Hast du sie dann wieder zugedrückt? Sonst bleiben sie offen ... sofern er tot ist.

Aber deine Erklärung macht für mich keinen Sinn.

Wenn der Patient aus dem künstlichen Koma geholt wird (von alleine klappt das eh nicht), dann ist er ja nicht tot. Und er hat die Augen auf. Wieso sie also aufhalten?

Wenn er wach ist, sind es ja auch keine „toten" Augen.

[Perry]

die Seele eines geliebten Menschens in einem Foto festzuhalten ist ein nachvollziebarer Gedanke, trotzdem bleibt das Foto nur ein Erinnerungsanstoß an das was in uns selbst vorhanden ist.
LG
Perry

[Lee Berta]

Zitat von DieSilbermöwe

Hast du sie dann wieder zugedrückt? Sonst bleiben sie offen ... sofern er tot ist.

Aber deine Erklärung macht für mich keinen Sinn.

Wenn der Patient aus dem künstlichen Koma geholt wird (von alleine klappt das eh nicht), dann ist er ja nicht tot. Und er hat die Augen auf. Wieso sie also aufhalten?

Wenn er wach ist, sind es ja auch keine „toten" Augen.

Die Augen fielen von selbst wieder zu, als ich das Lid los ließ. Der Tod war noch nicht lange eingetreten und die Muskeln erschlafft. Rigor mortis hatte noch nicht eingesetzt.
Die Maschinen waren da, weil der Patient im künstlichen Koma gewesen war und auch danach noch beatmet und ernährt wurde, aber wach war. Dennoch schlief er viel. Dann kam es zu einer Komplikation, die zum Tode führte. Während der erfolglosen Wiederbelebung waren die Augen vermutlich geschlossen. Ich war nicht anwesend.

Als man mich kurz darauf zu ihm ließ, waren die Augen geschlossen. Ich hatte noch nie einen Toten gesehen und nun war es ausgerechnet die große Liebe meines Lebens. Ich spürte eine seltsame Scheu. Warum ich auf die Idee kam, die Augen zu fotografieren, weiß ich nicht. Er hatte wunderschöne Augen, vielleicht wollte ich sie behalten?
Erst später habe ich in der Reflektion entdeckt, dass da ein Mann am Fenster steht, der definitiv nicht im Raum war. Dass es sich um mein eigenes Spiegelbild handelt, ist ausgeschlossen.

LG, lee

[aufgeklappt]

der Auslöser dabei und danach…

gerne gelesen

[Lee Berta]

Hallo Perry,

Zitat von Perry

die Seele eines geliebten Menschens in einem Foto festzuhalten ist ein nachvollziebarer Gedanke, trotzdem bleibt das Foto nur ein Erinnerungsanstoß an das was in uns selbst vorhanden ist.

Also, die Seele ging dann in mich rein, als ich das Foto zuhause betrachtet habe. Das konnte ich genau spüren. Ich habe seitdem alle seine psychischen Probleme zusätzlich zu meinen. Ich habe sogar dieselben Tics und kann sie nicht kontrollieren. Seitdem ist es aber einfach nur noch ein Foto. Aber wer ist der Mann?

LG, lee

[Lee Berta]

Hallo, aufgeklappt,

Zitat von aufgeklappt

der Auslöser dabei und danach…
gerne gelesen

freut mich, dass es dir gefällt.
LG, lee

[DieSilbermöwe]

Hallo Lee,

danke für die nochmalige Erklärung, jetzt verstehe ich.

.Die Augen fielen von selbst wieder zu, als ich das Lid los ließ. Der Tod war noch nicht lange eingetreten und die Muskeln erschlafft. Rigor mortis hatte noch nicht eingesetzt.

Das heißt unter anderem ja, wenn die Totenstarre schon eingesetzt hat und sie deswegen offen bleiben, fallen sie von selbst wieder zu, sobald die Totenstarre aufhört - habe ich tatsächlich noch nie dran gedacht.

Ich habe meinen toten Freund auch gesehen. Er starb nicht im Krankenhaus. Ich hatte gar keine Scheu, aber auf die Idee, ihn zu fotografieren, wäre ich nicht gekommen.

Dein Gedicht hat mich sehr an ihn erinnert.

LG DieSilbermöwe

[Ilka-Maria]

Der ganze Vorgang hört sich für mich übergriffig an. Ich käme mir schäbig vor, von einem Menschen ohne dessen Einwilligung, schon gar nicht von einem völlig wehrlosen Menschen, ein Foto zu machen. Grausig.

[Lee Berta]

Hallo Silbermöwe,

Zitat von DieSilbermöwe

Das heißt unter anderem ja, wenn die Totenstarre schon eingesetzt hat und sie deswegen offen bleiben, fallen sie von selbst wieder zu, sobald die Totenstarre aufhört - habe ich tatsächlich noch nie dran gedacht.

Das weiß ich nicht, weil die Totenstarre noch nicht eingesetzt hatte. Der Tod war gerade erst eingetreten, die Augen waren klar und die Haut warm. Er hat sogar mit dem Finger gezuckt, als ich seine Hand nahm.
Bei der Beerdigung war die Totenstarre schon längst wieder vorbei. Da habe ich ihn auch berührt, er fühlte sich wachsartig an und kalt.

Es tut mir sehr leid zu hören, dass du auch deinen Partner verloren hast. Was man in so einer Situation tut, weiß man vorher nicht und hinterher kann man es vielleicht nicht mehr verstehen.

Hallo Ilka-Maria,

Zitat von Ilka-Maria

Der ganze Vorgang hört sich für mich übergriffig an. Ich käme mir schäbig vor, von einem Menschen ohne dessen Einwilligung, schon gar nicht von einem völlig wehrlosen Menschen, ein Foto zu machen. Grausig.

Wie eben schon gesagt, was man in so einer Situation tut und fühlt, weiß man vorher nicht. Das ist keine Situation, die man sich in der Fantasie ausmalt.
Schäbig fühlte ich mich nicht, warum sollte ich? Ich bin seine Frau. Das Foto bekommt auch niemand jemals zu sehen. Es ist nur für mich und das hätte er OK gefunden.

LG, lee

[Ilka-Maria]

Zitat von Lee Berta

Das Foto bekommt auch niemand jemals zu sehen. Es ist nur für mich und das hätte er OK gefunden.

Sehr gut. Damit kann ich mich versöhnen.

[DieSilbermöwe]

. Es tut mir sehr leid zu hören, dass du auch deinen Partner verloren hast. Was man in so einer Situation tut, weiß man vorher nicht und hinterher kann man es vielleicht nicht mehr verstehen.

Du bist ja noch nicht so lange im Forum. Das war vor 12 Jahren, und ich habe das schon einige Male in Gedichten thematisiert.

Mein damaliger Partner war sehr krank, schon als ich ihn kennenlernte. Wir hatten aber noch einige schöne Jahre zusammen, bis es dann gesundheitlich mit ihm immer schlechter wurde. Dass er lange vor mir sterben würde, wusste ich.
Nur zum besseren Verständnis.

LG DieSilbermöwe

[Lee Berta]

Hallo Silbermöwe,

Zitat von DieSilbermöwe

Mein damaliger Partner war sehr krank, schon als ich ihn kennenlernte. Wir hatten aber noch einige schöne Jahre zusammen, bis es dann gesundheitlich mit ihm immer schlechter wurde. Dass er lange vor mir sterben würde, wusste ich.
Nur zum besseren Verständnis.

Das war bei mir genau so, trotzdem habe ich eben gehofft, noch ein paar Jahre mehr zu haben. Außerdem hat er immer behauptet, ein unsterblicher Vampir zu sein ...
Sein Lachen fehlt mir am meisten.

Fühl dich gedrückt,
lee