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Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten. |
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02.06.2024, 15:00 | #1 |
griechischer Mohn
fernab der lärmenden Touristengruppen
wächst Mohn auf einem weiten stillen Feld inmitten umgestürzter Marmorsäulen zerborstner Steinfiguren hier und da so rot war niemals Aphrodites Mund wie dieser Blüten glühend dunkle Pracht in ihrem Innern Büschel krauser Fäden vibrieren leicht als winkten sie der Sonne als wehte aus vergangner Zeit ein Zephyr hier hoben Priester einst zu Zeus die Hände hier feilschten Händler spielten kleine Buben mit Eichenschwertern Hektor und Achill die Hunde liefen frei umher auch Hühner indes ein Philosoph mit Denkergesten im Kreise seiner Schüler schwadronierte und Sklaven sich mit groben Karren mühten sie schimpften oder lachten alle schwitzten es roch nach reifen Feigen Staub und Knoblauch - mir scheint dass dieser dunkelrote Mohn zum Sinnbild des Vergessens gar nicht taugt zurück ins Heute lockt er altes Leben und sei’s auch nur in einem jungen Kopf |
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12.06.2024, 12:09 | #2 |
Hallo,
es mag eine reine Geschmacksfrage sein, aber mir stehen hier zu viele alte Griechen auf meiner Mohnwiese rum, die ich gern betrachten würde. Die erste Strophe lädt mich mit unaufdringlich poetischen Worten genau dazu ein, doch dann werde ich mit Marmorsäulen bombardiert. Zeus, Hektor, Aphrodite ... ich steige da irgendwie aus und stilistisch wechselt es plötzlich zum Stil griechischer Ödeme oder wie die heißen. Eine Aphrodite in einer Mohnwiese hätte mir gereicht und die prosaische Sprache der ersten Strophe sollte sich meiner Meinung nach durchziehen. Strophen 2 und 3 sind überladen mit Bildern und seltsam altmodisch klingenden Formulierungen. Die vierte macht für mich den Bogen auch noch nicht so wirklich rund. Was hat der Mohn mit dem Studium griechischer Geschichte zu tun? Ich dachte, er steht für die Opfer des ersten Weltkrieges? LG, lee |
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13.06.2024, 12:05 | #3 |
Forumsleitung
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Ich bin über das Wort "schwadronieren" gestolpert. Ein Philosoph, der schwadroniert, sich also als Prahlhans präsentiert?
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13.06.2024, 12:07 | #4 |
13.06.2024, 12:43 | #5 |
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.684
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sorry ftatateeta
... habs bisher nicht kommentiert, weil es mir nicht zusagt.
Schwadronieren dürfte negativ konnotiert sein. Kommt wohl aus dem Militär, wenn Offiziere außerdienstlich ihren einfachen, lauten und großsprecherischen Kasernenhofton ins Casino einbrachten. wsT dT |
13.06.2024, 12:55 | #6 |
Forumsleitung
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Das ist laut DWDS auch eine gültige Definition.
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15.06.2024, 12:21 | #7 |
Ja, Ilka-Maria, genau das. Nicht jeder "Philosoph" war ein Sokrates. Die Alltagsszene, die mir der (übrigens unglaublich dunkelrote) Mohn hervorrief, könnte mutatis mutandis auch heute spielen, schwätzende Angeber im Kafeneion eingeschlossen. Die Anführungszeichen für "Philosoph" habe ich im Gedicht weggelassen; ich dachte, die stellen sich ein.
LG ftatateeta PS: an dieser Stelle auch danke an die anderen Kommentatoren. |
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