Poetry.de - das Gedichte-Forum
 kostenlos registrieren Letzte Beiträge

Zurück   Poetry.de > Gedichte-Forum > Lebensalltag, Natur und Universum

Lebensalltag, Natur und Universum Gedichte über den Lebensalltag, Universum, Pflanzen, Tiere und Jahreszeiten.

Antwort
 
Themen-Optionen Thema durchsuchen
Alt 02.06.2024, 15:00   #1
weiblich ftatateeta
 
Dabei seit: 11/2022
Beiträge: 338

Standard griechischer Mohn

fernab der lärmenden Touristengruppen
wächst Mohn auf einem weiten stillen Feld
inmitten umgestürzter Marmorsäulen
zerborstner Steinfiguren hier und da

so rot war niemals Aphrodites Mund
wie dieser Blüten glühend dunkle Pracht
in ihrem Innern Büschel krauser Fäden
vibrieren leicht als winkten sie der Sonne
als wehte aus vergangner Zeit ein Zephyr

hier hoben Priester einst zu Zeus die Hände
hier feilschten Händler spielten kleine Buben
mit Eichenschwertern Hektor und Achill
die Hunde liefen frei umher auch Hühner
indes ein Philosoph mit Denkergesten
im Kreise seiner Schüler schwadronierte
und Sklaven sich mit groben Karren mühten
sie schimpften oder lachten alle schwitzten
es roch nach reifen Feigen Staub und Knoblauch -

mir scheint dass dieser dunkelrote Mohn
zum Sinnbild des Vergessens gar nicht taugt
zurück ins Heute lockt er altes Leben
und sei’s auch nur in einem jungen Kopf
ftatateeta ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 12.06.2024, 12:09   #2
weiblich Lee Berta
 
Benutzerbild von Lee Berta
 
Dabei seit: 02/2024
Ort: Gehirn!
Beiträge: 549

Hallo,
es mag eine reine Geschmacksfrage sein, aber mir stehen hier zu viele alte Griechen auf meiner Mohnwiese rum, die ich gern betrachten würde. Die erste Strophe lädt mich mit unaufdringlich poetischen Worten genau dazu ein, doch dann werde ich mit Marmorsäulen bombardiert. Zeus, Hektor, Aphrodite ... ich steige da irgendwie aus und stilistisch wechselt es plötzlich zum Stil griechischer Ödeme oder wie die heißen. Eine Aphrodite in einer Mohnwiese hätte mir gereicht und die prosaische Sprache der ersten Strophe sollte sich meiner Meinung nach durchziehen. Strophen 2 und 3 sind überladen mit Bildern und seltsam altmodisch klingenden Formulierungen.
Die vierte macht für mich den Bogen auch noch nicht so wirklich rund. Was hat der Mohn mit dem Studium griechischer Geschichte zu tun? Ich dachte, er steht für die Opfer des ersten Weltkrieges?

LG, lee
Lee Berta ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2024, 12:05   #3
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.339

Ich bin über das Wort "schwadronieren" gestolpert. Ein Philosoph, der schwadroniert, sich also als Prahlhans präsentiert?
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2024, 12:07   #4
weiblich Lee Berta
 
Benutzerbild von Lee Berta
 
Dabei seit: 02/2024
Ort: Gehirn!
Beiträge: 549

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Ich bin über das Wort "schwadronieren" gestolpert. Ein Philosoph, der schwadroniert, sich also als Prahlhans präsentiert?
Ich kenne schwadronieren als lange und auch laute Monologe halten, endlos labern eben.
Lee Berta ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2024, 12:43   #5
männlich dunkler Traum
 
Benutzerbild von dunkler Traum
 
Dabei seit: 02/2021
Ort: mit beiden Beinen in den Wolken
Alter: 61
Beiträge: 1.684

Standard sorry ftatateeta

... habs bisher nicht kommentiert, weil es mir nicht zusagt.

Schwadronieren dürfte negativ konnotiert sein. Kommt wohl aus dem Militär, wenn Offiziere außerdienstlich ihren einfachen, lauten und großsprecherischen Kasernenhofton ins Casino einbrachten.

wsT
dT
dunkler Traum ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.06.2024, 12:55   #6
weiblich Ilka-Maria
Forumsleitung
 
Benutzerbild von Ilka-Maria
 
Dabei seit: 07/2009
Ort: Arrival City
Beiträge: 31.339

Zitat:
Zitat von Lee Berta Beitrag anzeigen
Ich kenne schwadronieren als lange und auch laute Monologe halten, endlos labern eben.
Das ist laut DWDS auch eine gültige Definition.
__________________

Workshop "Kreatives Schreiben":
http://www.poetry.de/group.php?groupid=24
Ilka-Maria ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.06.2024, 12:21   #7
weiblich ftatateeta
 
Dabei seit: 11/2022
Beiträge: 338

Zitat:
Zitat von Ilka-Maria Beitrag anzeigen
Ein Philosoph, der schwadroniert, sich also als Prahlhans präsentiert?
Ja, Ilka-Maria, genau das. Nicht jeder "Philosoph" war ein Sokrates. Die Alltagsszene, die mir der (übrigens unglaublich dunkelrote) Mohn hervorrief, könnte mutatis mutandis auch heute spielen, schwätzende Angeber im Kafeneion eingeschlossen. Die Anführungszeichen für "Philosoph" habe ich im Gedicht weggelassen; ich dachte, die stellen sich ein.

LG
ftatateeta

PS: an dieser Stelle auch danke an die anderen Kommentatoren.
ftatateeta ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen für griechischer Mohn




Sämtliche Gedichte, Geschichten und alle sonstigen Artikel unterliegen dem deutschen Urheberrecht.
Das von den Autoren konkludent eingeräumte Recht zur Veröffentlichung ist Poetry.de vorbehalten.
Veröffentlichungen jedweder Art bedürfen stets einer Genehmigung durch die jeweiligen Autoren.